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Abb. 1: Feldspritze bei der Applikation nach Unkrautkarte in Mais (links) und Präzisionsfeldspritze Ecorobotix ARA in Zuckerrübe (rechts) (Bilder: Lohrberg / Hunze).

Onlineverfahren: Präzisionsfeldspritze Ecorobotix ARA

Der Ecorobotix ARA ist eine speziell aufgebaute Feldspritze, die während der Fahrt über den Acker die zu bearbeitende Fläche fotografiert und die Bilder direkt mit einer KI auswertet, um Unkräuter von Kulturpflanzen zu unterscheiden. Die Datenverarbeitung und Differenzierung der Pflanzen findet während der Applikation in den am Gerät verbauten Recheneinheiten statt. Angetrieben wird die Maschine mittels eines mitgeführten Stromgenerators, der mit der Zapfwelle des Traktors betrieben wird. Die Arbeitsbreite des Geräts beträgt derzeit 6 m, der Tank befindet sich, baulich vom Gestänge getrennt, im Frontanbau. Es ist ein Spritzflüssigkeitstank von 200 l und ein Frischwassertank von 500 l Fassungsvermögen verbaut. Die maximale Arbeitsgeschwindigkeit wird vom Hersteller mit 7 km/h angegeben. Das Gestänge ist, anders als bei herkömmlichen Feldspritzen, unter einer Haube untergebracht. Diese schirmt zum einen das Gestänge vor Wind und zum anderen den Boden vor Sonnenstrahlung ab. Letzteres garantiert im Zusammenspiel mit einer aktiven Beleuchtung relativ gleichbleibende Bedingungen für die vor dem Gestänge und ebenfalls unter der Haube verbauten Kameras und somit eine bessere Chance für eine korrekte Erkennung der Unkräuter. Durch die aktive Beleuchtung ist zudem ein Einsatz auch nachts möglich. Der Spritzbalken mit seinen 156 Einzeldüsen
ist in der Höhe verstellbar, um einen Zielflächenabstand von 20 cm zu sichern. Der enge Düsenabstand
von nur vier Zentimetern ermöglicht es, Einzelflächen mit einer Größe von nur 6 x 6 cm zu behandeln.

Spotapplikation von Herbiziden – Ein Vergleich der Technik

 

Die punktuelle Behandlung von Unkräutern, auch als Spot Spraying oder Spotapplikation bekannt, bietet viele Vorteile. Durch die Einsparung an Pflanzenschutzmitteln kann die Umwelt sowie der Geldbeutel entlastet werden. Speziell bei geringeren Aufwandmengen kann bei gleichem Tankinhalt der Pflanzenschutzspritze mehr Fläche mit einer Tankfüllung bearbeitet werden, es ergeben sich also zum Teil auch arbeitswirtschaftliche Effekte.

Es werden hier insbesondere zwei Ansätze betrachtet: Zum einen das Onlineverfahren (integriert), bei dem Unkrautdetektierung und Applikation in einer Überfahrt erfolgen. Hierzu zählt u.a. der Einsatz von Präzisionsfeldspritzen mit verbauter Kameratechnik und Prozessierungseinheit. Zum Anderen das Offlineverfahren (absätzig), bei dem die Kartierung des Unkrautaufkommens in einem separaten Schritt mittels Kameradrohne erfolgt und anschließender Applikation mit betriebsüblichen Feldspritzen. Im Folgenden wird stellvertretend für diese zwei Ansätze auf die Präzisionsfeldspritze ARA des Schweizer Herstellers Ecorobotix und eine handelsübliche Feldspritze mit Einzeldüsenschaltung eingegangen.

 

 

 

 

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Abb. 2: Schematische Darstellung der Applikationsmodi des Ecorobotix ARA (Quelle: Ecorobotix SA).

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Abb. 3: Spotapplikation von selektiv wirkenden Herbiziden in der zweiten Nachauflaufkontrolle (NAK) in Zuckerrüben mit dem Ecorobotix ARA. Wassersensitives Papier zeigt die Applikation an der Nichtkulturpflanze (Bild: Neufeldt).

Durch die Differenzierung von Unkraut und Kulturpflanze ergeben sich beim Ecorobotix Ara verschiedene Optionen des Einsatzes (Abb. 2). Es können zum einen gezielt alle Nicht-Kulturpflanzen, also die Unkräuter und -gräser, behandelt werden. Zum anderen kann nur auf die Kulturpflanze appliziert behandelt werden, zum Beispiel bei der Anwendung von Blattdüngern oder Insektiziden. Umgekehrt ist auch die Erkennung und Behandlung von ausgewählten Problemunkräutern wie Ampfer im Grünland oder Durchwuchskartoffeln möglich. Stand heute sind hauptsächlich Algorithmen für Gemüse und Sonderkulturen verfügbar, die Anwendung in hiesigen Feldfrüchten beschränkt sich noch
auf Reihenkulturen wie Raps, Mais, Soja und Zuckerrübe.

Offlineverfahren: Feldspritze mit Einzeldüsenschaltung nach Unkrautkarte

Gegenüber der online ablaufenden Entscheidungsfindung beim Ecorobotix ARA erfolgen im Offlineverfahren die Schritte der Detektion der Unkräuter und der Applikation von Pflanzenschutzmitteln zeitlich getrennt. Die Datenaufnahme, auch als Mapping oder Kartierung bezeichnet, erfolgt in diesem Fall im Vorhinein der Applikation mit einer Kameradrohne. Die so entstandenen Bilder werden anschließend photogrammetrisch verarbeitet und so zu einem Orthofoto zusammengesetzt. Dieses Bild der gesamten kartierten Fläche ist georeferenziert, folglich kann zu jedem erkennbaren Element auch die Koordinate ausgelesen werden. Zur Erkennung der Unkräuter auf dem Orthofoto wird ein speziell hierzu trainierter Algorithmus eingesetzt, der die Unkrautstandorte extrahiert. Diese Unkrautstandorte werden anschließend zu einer Applikationskarte verarbeitet und auf das Terminal der Feldspritze übertragen. Die Feldspritze appliziert durch die Verwendung der Applikationskarte nur dort, wo zuvor Unkräuter kartiert werden konnten. Für die Ausbringung eignet sich jede (Isobus-)Feldspritze mit der Fähigkeit Applikationskarten abzuarbeiten. Zudem sollte unbedingt ein RTK-Korrektursignal genutzt werden, um Ungenauigkeiten bei der Applikation zu minimieren. Eine Einzeldüsenschaltung ermöglicht in diesem Zusammenhang größere Einsparmöglichkeiten als eine einfache Teilbreitenschaltung, da kleinere Spots als Zielfläche realisiert werden können. Durch die Nutzung von speziellen Düsen mit geringeren Spritzwinkeln kann die bei herkömmlichen Düsen absolut notwendige Überlappung der Spritzkegel bei der Spotapplikation reduziert werden. Damit lässt sich die behandelte Fläche im Vergleich zur Applikation mit Standarddüsen deutlich vermindern.

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Abb. 4: Zweite Nachauflaufkontrolle (NAK) in Zuckerrüben in der Praxis: Exemplarischer simulierter Vergleich der behandelten Fläche bei dem Einsatz einer konventionellen Feldspritze mit Unkrautkarte und einer Präzisionsfeldspritze bei einer beispielhaften Unkrautverteilung. Die angedeuteten Spritzgestänge verdeutlichen die unterschiedlichen Düsenabstände der Geräte (Abbildung: Hunze).

Chancen und Restriktionen der betrachteten Verfahren

Der Umfang der potenziell möglichen Herbizideinsparung hängt maßgeblich vom Unkrautdruck und der Verteilung der Unkräuter in der Fläche ab. Aufgrund der Bauart der zwei betrachteten Systeme sind Einzelpflanzenbehandlungen mit der Präzisionsfeldspritze (ARA) mit deutlich höheren Einsparungen verbunden. Dies zeigt sich auch im ausgewählten Beispiel (Abb. 4), in der die zwei Systeme zur zweiten Nachauflaufkontrolle (NAK) in Zuckerrüben schematisch gegenübergestellt werden. Im Beispiel könnte, unter den angenommenen Bedingungen, die behandelte Fläche auf 60 % (Feldspritze mit Unkrautkarte) bzw. 2 % (Präzisionsfeldspritze) der herkömmlichen Flächenspritzung reduziert werden. In der Praxis erreichbare Einsparpotenziale unterliegen kultur-, standort- und managementspezifisch großen Schwankungen.

Unter der Annahme eines Neupreises von 100.000 € für die Präzisionsfeldspritze bei einer Abschreibung über 10 Jahre, einer Einsatzintensität von 300 ha je Jahr sowie einer Flächenleistung von 2 ha/h, zuzüglich Arbeitskosten und Kosten für den Traktor mit Pflegebereifung ergeben sich Einsatzkosten von rund 60 €/ha. Diesen stehen Kosten für die Standard-Feldspritze bei gleichen Einsatzbedingungen in Höhe von ca. 15 €/ha gegenüber. In Anbetracht der Mehrkosten im Vergleich zur konventionellen Pflanzenschutztechnik wird deutlich, dass sich ein Einsatz des Spezialgerätes bei Anwendungsfällen mit teuren Pflanzenschutzmitteln wesentlich eher rechnet als bei günstigeren.

Die angenommene Flächenleistung der Präzisionsfeldspritze von 2 ha/h erscheint bei einer maximalen Arbeitsgeschwindigkeit von 7 km/h und der Arbeitsbreite von 6 m eher gering angesetzt. Bei dem derzeitig verbauten Spritztank von 200 l und einem Frischwasserbehälter von 500 l Volumen kann, je nach Unkrautaufkommen, innerhalb eines Schlages das mehrfache Anmischen von Spritzbrühe notwendig werden. Infolge dessen steigen die notwendigen Rüstzeiten an.

Auch bei der Nutzung einer handelsüblichen Feldspritze für die Spotapplikation ist mit Zusatzkosten zu rechnen. Diese fallen im Vergleich zur Beschaffung eines separaten Gerätes aber eher gering aus und beinhalten die Kosten für Spotdüsen mit geringerem Spritzwinkel, Softwarefreischaltungen für das Terminal der Feldspritze, RTK-Korrektursignal und die Dienstleistung des Kartierens. Der Markt an Dienstleistern, die Unkrautkarten anbieten, ist dynamisch und im Wachstum, daher ist eine Preisannahme nur bedingt repräsentativ und unterbleibt an dieser Stelle.

Die Flächenleistung des Offlineverfahrens differiert bei der Applikation selbst kaum von der Flächenleistung bei konventioneller Flächenspritzung. Folgende Punkte sind an dieser Stelle aber zu bedenken: Im Vergleich zur ganzflächigen Applikation können höhere Flächenleistungen durch das größere relative Tankvolumen erzielt werden. Bei gleicher überfahrener Fläche wird weniger Mittel ausgebracht, sodass mehr Fläche mit einer Tankfüllung behandelt werden kann. Außerdem ist eine tendenziell geringere Fahrgeschwindigkeit entsprechend der verwendeten Regelungstechnik zu wählen. Technisch bedingt müssen bei höheren Fahrgeschwindigkeiten mit der Feldspritze die Bereiche um die zu treffenden Unkräuter vergrößert werden, damit die zu behandelnden Spots zuverlässig getroffen werden. Mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit nimmt also das Einsparpotenzial ab. Das Einhalten des Spritzdruckes, auch bei wechselnden absoluten Ausbringmengen, ist zu beachten, um ein gleichmäßiges Benetzen der Zielfläche zu gewährleisten.

Im Bereich der Drohnentechnik sind in den vergangenen Jahren sowohl hinsichtlich der Flugleistungsparameter als auch bei der Entwicklung von Kameras und der damit verbundenen Bildauflösung große Fortschritte gemacht worden. Dennoch stellt die Aufnahme von sehr hoch aufgelösten Bildern (Auflösung <10 mm/Pixel) bei großen Flächen von mehreren Hektar nach wie vor eine Herausforderung dar. Auch die Verarbeitung der einzelnen Bilder zu einem Gesamtbild ist zeitund rechenleistungsaufwändig. Nicht trivial ist ferner die automatisierte zuverlässige Erkennung der Unkräuter anhand dieses Bildes. Insbesondere bei zeitkritischen Pflanzenschutzanwendungen wie den NAKs in Zuckerrüben muss die Zeit vom Überflug bis zur fertigen Applikationskarte so kurz wie möglich gehalten werden. Ein Vorteil des Offlineverfahrens ist die Möglichkeit, die benötigte Menge an Pflanzenschutzmitteln bzw. an anzumischender Spritzbrühe im Vorfeld genau abschätzen zu können.

Offlineverfahren: Feldspritze mit Einzeldüsenschaltung nach Unkrautkarte

Je nach Anwendungsfall bietet eines der zwei diskutierten Systeme größere Vorteile. Tritt Unkraut vereinzelt oder nesterweise auf, ist eine Spotapplikation mit der Feldspritze, mit dem aktuellen Stand der Technik, die ökonomisch vorteilhafte Variante. Handelt es sich um Einzelpflanzenbehandlungen oder liegt ein flächig verteiltes, höheres Unkrautaufkommen vor, können mit einer Präzisionsfeldspritze deutlich größere Einsparungspotenziale realisiert werden. Die hier vorgestellten Systeme sind weniger als Konkurrenz zueinander, sondern vielmehr als Lösungen für unterschiedliche Problemstellungen aufzufassen.

Offlineverfahren: Feldspritze mit Einzeldüsenschaltung nach Unkrautkarte

Im Projekt FarmerSpace forscht ein Konsortium, bestehend aus dem Institut für Zuckerrübenforschung, der Abteilung Agrartechnik der Georg-August Universität Göttingen, dem Institutsteil Angewandte Systemtechnik Ilmenau (IOSB-AST) des Fraunhofer IOSB sowie der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, zu den Potenzialen der Digitalisierung im Pflanzenschutz in Zuckerrüben und Weizen. Die erklärten Ziele sind das Potenzial digitaler Technologien zu erschließen, transparente Kriterien für den effizienten Einsatz dieser zu definieren sowie den Transfer innovativer Anwendungen in die landwirtschaftliche Praxis zu beschleunigen. Die Förderung des Vorhabens erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen der Förderung der Digitalisierung in der Landwirtschaft.

Autoren:

Frank Beneke, Eike Hunze,  Niklas Lohrberg (Agrartechnik, Universität Göttingen)

Friedrich Bartels (Landwirtschaftskammer Niedersachsen)

 

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Kontakt - Eike Hunze: eike.hunze@uni-goettingen.de