
KI-Helfer entlang des integrierten Pflanzenschutzes - Was ist bekannt und was wünschen sich die Teilnehmenden des FarmerSpace Winter Workshops?
Der FarmerSpace Winter-Workshops fand am 09.01.2025 in Hannover statt. Bei diesem diskutierten Teilnehmende aus Landwirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Politik, nach Impulsvorträgen, in Kleingruppen über verschiedene Aspekte der künstlichen Intelligenz im Pflanzenschutz.
Ein Aspekt war die Gruppendiskussionen zum Thema „KI-Helfer entlang des integrierten Pflanzenschutzes“. Das Ziel dieser Übung war es, die Maßnahmenpyramide des integrierten Pflanzenschutzes (IPS) in den Mittelpunkt zu stellen, von dem aus bekannte KI-Anwendungen berichtet und neue KI-Anwendungen erträumt werden sollten. Zunächst wurden die den Teilnehmern bekannten Anwendungen auf einem Flip-Chart festgehalten. Für das Erträumen eines KI-Helfers im zweiten Schritt, suchte sich jede der drei Gruppen einen Teil der Maßnahmenpyramide aus und erträumte den KI-Helfer mit Hilfe der für die Anwendung voraussichtlich benötigten Informationen (Inputs) und die gewünschten Ergebnisse (Outputs). Als Hilfestellung waren die Darstellungen der Maßnahmenpyramide des IPS und eine Übersicht von Anwendungsfällen von KI aus dem zuvor von Steffen Konnemann gehaltenen Impulsvortrag zu sehen.

Abbildung 1: Die Maßnahmenpyramide des integrierten Pflanzenschutzes.
Frage 1: Welche KI-Helfer entlang des integrierten Pflanzenschutzes waren den Teilnehmenden bekannt?
Die Frage war offen formuliert und bezog sich auf die gesamte IPS-Pyramide, sodass alle bekannten KI-Helfer genannt werden konnten. Ziel war es zu prüfen, in welchen Bereichen KI- Helfer bereits unterstützen und welche Anwendungsfälle für KI existieren. Nach dem Workshop erfolgte eine Klassifizierung der KI-Helfer in die verschiedenen Ebenen der Maßnahmenpyramide, wobei es auch überschneidende Bereiche zwischen den Ebenen gibt.
Vorbeugende Maßnahmen sind ein wichtiger Bestandteil des IPS, da sie dazu beitragen, dass Pflanzen gesund bleiben und weniger anfällig für Krankheiten und Schädlinge sind. Auf dieser Ebene waren den Teilnehmenden folgende KI-basierte Anwendungen bekannt:
- Aussaatempfehlungstools: Diese Tools nutzen Algorithmen, die auf Basis von Züchtungsdaten, Region und Aussaattermin die optimale Aussaatdichte vorschlagen. Durch die optimale Aussaatdichte kann die Pflanzenentwicklung gefördert und die Anfälligkeit für Krankheiten und Schädlinge verringert werden.
- Düngeoptimierung: KI-Algorithmen helfen bei der Prognose des aktuellen Düngebedarfs. Durch die angepasste Düngung, beispielsweise mit Stickstoff, bleibt die Pflanze robuster gegenüber Krankheiten und Schädlingen, ohne dass im Idealfall ein Minderertrag befürchtet werden muss.
- Ernteplanung: Die Planung des optimalen Erntetermins hilft bei der Verringerung von Ausfallraps oder -getreide. Durch die Vermeidung von Ausfällen kann der Ernteertrag erhöht und Pflanzenschutzmaßnahmen vorgebeugt werden.
- Sensorgestützte Bewässerungssteuerung: Automatische Prognose des besten Bewässerungszeitpunktes unter Berücksichtigung der Niederschlagsprognose hilft, die Pflanzen wassersparend gesund zu halten.
- CO2-Zertifizierungsunternehmen: Durch die Modellierung der Auswirkungen von durchgeführten Maßnahmen des IPS auf den Humusaufbau im Boden können diese Maßnahmen über CO2-Zertifikate vergütet werden. Dieser Ansatz fördert die Umsetzung von nachhaltigen Pflanzenschutzpraktiken und unterstützt die Reduzierung von Treibhausgasen.
Auf der Ebene der Entscheidungshilfe waren den Teilnehmenden folgende KI-basierte Anwendungen bekannt:
- Pflanzenerkennung: Smartphone Apps mit Bilderkennung können auf dem Feld wachsende Pflanzen per Foto erkennen. Sie sind so eine Hilfe bei der Bestimmung der Unkrautarten sowie der Ermittlung der aktuellen Befallsdichte. Dies unterstützt bei der Entscheidung, ob die Schadschwelle für das Auftreten einer bestimmten Art überschritten ist und eine Gegenmaßnahme durchgeführt werden sollte.
- Digitale Gelbschale: Die bereits langjährig insbesondere im Rapsanbau angewandte Gelbschale hilft bei der Einschätzung wie viele und welche Insekten aktuell im Bestand unterwegs sind. Durch die Digitalisierung der Gelbschale mit KI, können gefangene Insekten gezählt und kategorisiert werden, ohne dass man direkt auf dem Feld sein muss. Das macht Feldbegehungen effizienter.
- Insektenfotofalle: Insektenfotofallen helfen ähnlich wie Gelbschalen beim Monitoring der auf der Fläche anwesenden Insekten, um Auswirkungen von Maßnahmen auf Nützlinge und Schädlinge bewerten zu können.
- Krankheitsmodelle: Prognosemodelle können das Risiko für ein Auftreten von Pflanzenkrankheiten anhand von Anbauinformationen und Witterungsprognosen vorhersagen. Dies ermöglicht es, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.
Auf der Ebene der direkten Maßnahmen waren den Teilnehmenden folgende KI-basierte Anwendungen bekannt:
- Hackrobotik: Hackroboter navigieren dank künstlicher Intelligenz teilautonom über das Feld und können Kulturpflanzen von Unkraut unterscheiden. Durch die Autonomie der Maschinen und das präzisere Hackergebnis wird die mechanische Unkrautregulierung für mehr Betriebe interessant.
- Spot-Applikation von Herbiziden: Feldspritzen erkennen Unkraut dank Bilderkennungsalgorithmen eigenständig oder können Applikationskarten von Drohnen abarbeiten. So werden Herbizidmaßnahmen effizienter, da nur dort Herbizide ausgebracht werden, wo Unkraut wächst.
Fazit: Die von den Teilnehmenden am häufigsten genannten KI-Helfer sind in der Maßnahmenpyramide des IPS auf der Ebene der Entscheidungshilfe zu finden. Hier wird häufig Bilderkennung genutzt, um bei der Bestimmung von Unkraut- und Insektenarten zu helfen und daraus die Notwendigkeit von Pflanzenschutzmaßnahmen abzuleiten. Einige Anwendungen benutzen die Mustererkennung in größeren Datenmengen und helfen darauf aufbauend bei der Prozessoptimierung von Aussaat, Düngung oder Ernte. Mechanische und chemische Maßnahmen profitieren durch den Einsatz von KI bei der Erkennung der Umgebung und von Unkräutern. Durch sie können Landwirte in beiden Verfahren genau dort eingreifen, wo tatsächlich Regulierungsbedarf besteht. KI-Helfer zur (semantischen) Spracherkennung sind den Teilnehmenden im Bereich des integrierten Pflanzenschutzes nicht bekannt.
Frage 2: Wenn Sie sich einen KI-Helfer erträumen könnten: An welcher Stelle der IPS- Pyramide wäre die Unterstützung sinnvoll und wie würde er aussehen?
Die erste Gruppe hat sich einen KI-Helfer zum Optimieren der Fruchtfolge gewünscht. Dieser KI-Helfer soll den Benutzenden Fruchtfolgeempfehlungen pro (Teil-)Schlag für Kulturen und nicht-Kulturen (Planung von Brachen) anbieten (vgl. Abb. 2).
Um diese Empfehlungen zu erstellen, benötigt der KI-Helfer eine Vielzahl von Inputs. Dazu gehören Standortfaktoren wie Boden, Relief und Schlagform, die regionalen Besonderheiten wie Kulturen und Problemunkräuter, Förderprogramme für Agrarumweltmaßnahmen, wirtschaftliche Faktoren wie Erträge und Absatzmöglichkeiten sowie betriebliche Faktoren wie Arbeitsspitzen und Ausschlusskriterien.
Der KI-Helfer soll diese Inputs analysieren und auf der Grundlage dieser Informationen optimale Fruchtfolgeempfehlungen erstellen. Diese Empfehlungen sollen den Benutzenden dabei helfen, eine effiziente und nachhaltige Fruchtfolge zu planen, die sowohl die wirtschaftlichen als auch die ökologischen Anforderungen des Betriebs berücksichtigt.
Durch die Verwendung eines KI-Helfers zum Optimieren der Fruchtfolge können Landwirte und Agrarberater ihre Entscheidungen auf der Grundlage von aktuellen und relevanten Daten treffen, was zu einer verbesserten Ressourcennutzung, höheren Erträgen und einer geringeren Umweltbelastung führen kann.

Abbildung 2: KI-Helfer der Gruppe 1 zur Fruchtfolge.
Die zweite Gruppe hat sich einen KI-Helfer für Feldbegehungen gewünscht. Dieser KI-Helfer soll den Benutzenden in verschiedenen Aspekten der Feldbegehungen unterstützen (vgl. Abb. 3).
Zunächst soll der KI-Helfer die Feldbegehungen ersetzen oder besser leiten und so Zeit sparen. Dies kann durch die Analyse von verschiedenen Inputs erreicht werden, wie zum Beispiel Mikro- und Makroklima vergangener Saisons, Messung der aktuellen Blattfläche, Insektenmonitoring, Zugriff auf den Sollzustand über die Ackerschlagkartei, thermische Messung, Pflanzenbestandsdichte, Nährstoffverfügbarkeit, Zustand der Nachbarflächen und ökonomische Rahmenbedingungen.
Der KI-Helfer soll diese Inputs analysieren und auf der Grundlage dieser Informationen Entscheidungen treffen, die die Feldbegehungen qualitativ verbessern. Dies kann durch die Identifizierung von Problemen und Schwächen im Pflanzenbestand, die Optimierung von Düngung und Pflanzenschutz sowie die Verbesserung der Logistik im vor- und nachgelagerten Bereich erreicht werden.
Darüber hinaus soll der KI-Helfer auch Aufträge an autonome Maschinen senden, nachdem diese vom Landwirt bestätigt wurden. Dies kann die Effizienz und Produktivität der Feldarbeit verbessern und den Landwirt bei Routineaufgaben entlasten.
Insgesamt soll der KI-Helfer für Feldbegehungen den Benutzenden dabei helfen, eine effiziente und nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben, indem er die Feldbegehungen optimiert, die Logistik verbessert und die Produktivität steigert. Durch die Verwendung eines KI-Helfers können Landwirte und Agrarberater ihre Entscheidungen auf der Grundlage von aktuellen und relevanten Daten treffen, was zu einer verbesserten Ressourcennutzung, höheren Erträgen und einer geringeren Umweltbelastung führen kann.

Abbildung 3: KI-Helfer der Gruppe 2 zur Feldbegehung.
Die Gruppe 3 hat sich einen KI-Helfer für die Bewertung und Schaffung von Lebensräumen gewünscht. Dieser KI-Helfer soll umgesetzte Umweltmaßnahmen als Analysehilfe begleiten und bei der Planung neuer Maßnahmen helfen (vgl. Abb. 4).
Der KI-Helfer soll den Benutzenden einen quantitativen vorher/nachher Vergleich aufzeigen, um die Auswirkungen von Maßnahmen auf Flora und Fauna zu veranschaulichen. Darüber hinaus soll der KI-Helfer eine Bewertung der Maßnahmen durchführen, indem er eine Wirkungsanalyse, Potentialanalyse, Subventionsfindung, Prognose mit Zukunftsszenarien und Hintergrundinformationen für beobachtete Entwicklungen bereitstellt.
Um diese Analysen durchzuführen, benötigt der KI-Helfer eine Vielzahl von Inputs, wie zum Beispiel Bodendaten, vorhandene Spezies (Pflanzen und Nützlinge/Schädlinge), Bewirtschaftungsdaten des Betriebs (Kosten und Erlöse), Landschaftsstrukturdaten, Reliefdaten, Topologieinformationen und Klima- und Wetterdaten.
Der KI-Helfer soll diese Inputs analysieren und auf der Grundlage dieser Informationen eine umfassende Bewertung der Lebensräume erstellen. Diese Bewertung soll den Benutzenden dabei helfen, die Auswirkungen von Maßnahmen auf die Ökologie, Gesellschaft, Ökonomie des Betriebs und der überregionalen Anbauintensität zu verstehen.
Darüber hinaus soll der KI-Helfer auch eine Potentialanalyse durchführen, um die Möglichkeiten und Grenzen von Maßnahmen aufzuzeigen. Die Subventionsfindung soll den Benutzenden dabei helfen, finanzielle Unterstützung für die Umsetzung von Maßnahmen zu finden. Die Prognose mit Zukunftsszenarien soll den Benutzenden dabei helfen, die langfristigen Auswirkungen von Maßnahmen auf die Lebensräume zu verstehen.
Durch die Verwendung eines KI-Helfers können Landwirte und Agrarberater ihre Entscheidungen auf der Grundlage von aktuellen und relevanten Daten treffen, was zu einer verbesserten Ressourcennutzung, höheren Erträgen und einer geringeren Umweltbelastung führen kann.

Abbildung 4 : KI-Helfer der Gruppe 3 zum Bewerten und Schaffen von Lebensräumen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Teilnehmer der Diskussion eine positive Einstellung gegenüber der Verwendung von KI in der Landwirtschaft haben. Die KI wird als ein Werkzeug betrachtet, das die Entscheidungsfindung unterstützen und verbessern kann, indem es große Mengen von Daten verarbeitet und so neue Erkenntnisse und Einsichten liefert.
Die Teilnehmer erwarten, dass die KI eine Vielzahl von Daten (Betrieb, Region, Umwelt) verknüpfen und so neue Möglichkeiten für die Entscheidungsfindung eröffnen kann. Sie sind offen gegenüber der Idee, einen Teil der Entscheidungsgewalt an die KI abzugeben, solange diese die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen der Landwirtschaft berücksichtigt.
Auch wenn die Fragen im Rahmen des Workshops nicht darauf abgezielt haben, wurde auch ein vollständiger KI-Berater für den gesamten Betrieb als sinnvolle Lösung angesehen, da er in der Lage wäre, alle relevanten Daten zu verknüpfen und so eine umfassende Beratung für den Landwirt anzubieten.
Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Planung und Umsetzung von KI-Lösungen in der Landwirtschaft, um sicherzustellen, dass diese den spezifischen Anforderungen und Bedürfnissen der Branche gerecht werden.
Quellen:
BLE (2024). Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz. Pflanzenschutzmaßnahmen. Online verfügbar unter https://www.nap-pflanzenschutz.de/integrierter-pflanzenschutz/pflanzenschutzmassnahmen (abgerufen am 07.01.2025).
HEUBACH, M. (2024). Wir brauchen mehr Unterstützung! DLG-Mitteilungen 9/2024, 40–45.
Autoren:
Hannes Meyer und Steffen Konnemann
(Agrartechnik, Universität Göttingen)
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Kontakt - Hannes Meyer: hannes.meyer@uni-goettingen.de